Die Energie- und Klimapolitik Deutschlands

Darum geht’s: Verheiztes Klima, verpestete Luft, unsicherer Atommüll

Kühe auf Weide mit Windrädern. Foto: Reol / photocase.de  (Reol / photocase.de)

Deutschland steht beim Klimaschutz skandalös schlecht da. Allen Prognosen über die Folgen des Klimawandels, allen Rufen der Wissenschaft nach Treibhausgas-Verringerung und internationalen Klima-Abkommen zum Trotz: Deutschland, der angebliche "Vorreiter im Klimaschutz", hinkt hinterher.

Das deutsche Klimaziel für 2020 (40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990) wird mit großer Sicherheit deutlich verfehlt werden. Die CO2-Emissionen sind hierzulande seit dem Jahr 2009 nicht mehr gesunken. Grund dafür ist, dass nach wie vor enorme Mengen an Kohle für die Stromgewinnung verbrannt werden (Braun- und Steinkohle machen rund 40 Prozent am Strom-Mix aus) und der CO2-Ausstoß aus dem Verkehr seit Jahren ansteigt. Wenn es so weitergeht wie bisher, werden die Verkehrsemissionen bis 2020 sogar um weitere 12–15 Millionen Tonnen zunehmen.

Ein kleiner Lichtblick

Immerhin kommt die Energiewende zumindest beim Strom ganz gut voran. Bereits rund ein Drittel des Stromverbrauchs in Deutschland stammt aus erneuerbaren Quellen. Doch der Ausbau der Solarenergie ist eingebrochen und auch der Windkraft stehen schwierigere Jahre bevor – wegen veränderter gesetzlicher Rahmenbedingungen. Deutschland wird auch seine Energiesparziele für 2020 kaum mehr erreichen können – die Regierung hat schlichtweg keine ambitionierten Maßnahmen ergriffen, um Energie zu sparen. Trotz des beschlossenen Atomausstiegs laufen in Deutschland immer noch acht Atomkraftwerke weiter, teilweise bis zum Jahr 2022.

Und es gibt nach wie vor keine Lösung, wo der über hunderttausende Jahre strahlende Atommüll sicher gelagert werden kann.

Aus Sicht des BUND liegt auf der Hand, was die neue Bundesregierung in ihrer Amtszeit dringend angehen muss.

Was sagt das Wahlprogramm der einzelnen Parteien zu Klimaschutz und Energiepolitik?

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CDU

Klimaschutz

Die CDU/CSU bekennt sich grundsätzlich zum Klimaschutz, inklusive dem Abkommen von Paris und dem letztes Jahr beschlossenen Klimaschutzplan 2050 mit nationalen Klimazielen sowie zur Energiewende. Dass das Pariser Klimaabkommen jedoch höhere Klimaziele und mehr Anstrengungen beim Klimaschutz als bisher erfordern, ist für die Union kein Thema. Insgesamt bleibt sie vage, was ihre Positionen zu konkreten Maßnahmen bei Klimaschutz und Energiewende angeht.

Erneuerbare Energien

Als Zielsetzung für die Regierungspolitik formuliert sie, dass "ein Wirtschafts- und Industrieland wie Deutschland eine langfristig sichere, bezahlbare und saubere Energieversorgung" braucht. Vor diesem Hintergrund werden die letzten EEG-Reformen positiv gewertet, da durch die marktwirtschaftliche Umgestaltung des Fördersystems die Ausbaukosten drastisch gesunken seien. Bezug wird auf das Thema Sektorkopplung genommen, also auf die künftig verstärkte Verwendung von erneuerbarem Strom in anderen Bereichen wie Wärme und Verkehr. Dafür und für den Klimaschutz reichen die von der Regierung festgelegten Zielkorridore für den Erneuerbaren-Ausbau, für die sich die Union in ihrem Programm lobt, jedoch absolut nicht aus. Die letzte EEG-Reform wird den Erneuerbaren-Ausbau mittelfristig ausbremsen. Ein Problembewusstsein hierfür ist nicht zu erkennen.

Kohle

Fossile Energien sollen nur weitgehend und nicht, wie notwendig und vom BUND gefordert, vollständig mit "umweltfreundlichen Energien" ersetzet werden. Immerhin erwähnen CDU/CSU in ihrem Regierungsprogramm den "langfristigen Ausstieg aus der Braunkohle", der parallel zum Strukturwandel erfolgen müsse. "Langfristig" und nur ein "Ausstieg aus der Braunkohle" sind klimapolitisch aber nicht einmal die halbe Miete: Aus Sicht des Klimaschutzes braucht es dringend den zügigen Ausstieg aus Braun- und Steinkohle.

Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, fehlen im Regierungsprogramm zudem mit Energieeinsparung und Energieeffizienz entscheidende Bereiche. Sie werden mit keinem Wort erwähnt, sind jedoch die Voraussetzung für eine naturverträgliche und relativ kostengünstige Energiewende.

Atomausstieg

CDU/CSU bekennen sich zum Atomausstieg bis 2022 und zum beschlossenen Standortauswahlgesetz. Mit der Feststellung, man habe mit dem Atomausstieg 2011 eine "jahrzehntelange Debatte zu einem versöhnlichen Abschluss gebracht", schönt die Union ihren eigenen Beitrag vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Laufzeitverlängerungen unter schwarz-gelb in 2010 aber deutlich. Der BUND kritisiert, dass sich im aktuellen Regierungsprogramm keinerlei Aussagen über die zukünftige Atompolitik, etwa zu den Sicherheitsproblemen der Zwischenlagerung oder zur Urananreicherungsanlage in Gronau finden.

Mobilität

In der Verkehrspolitik, der sogar zwei Kapitel gewidmet sind, setzt die Union weiter auf das Auto. Eindeutige Prioritäten für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel fehlen. Sie sieht Lösungen für Verkehrsprobleme in der Verknüpfung der Verkehrsträger, der Digitalisierung und vor allem in Instandsetzung und Ausbau des bestehenden Straßennetzes. Den neuen Bundesverkehrswegeplan, vom BUND wegen der Ausrichtung auf klimaschädlichen Verkehr kritisiert, sieht die Union als hervorragende Grundlage für den weiteren Ausbau der Infrastruktur. "Wo immer möglich und vertretbar" wollen CDU/CSU die Dauer von Planungsverfahren durch Entbürokratisierung verkürzen. Dazu soll ein Planungsbeschleunigungsgesetz verabschiedet, die Klagemöglichkeiten bei Ersatzneubauten beschränkt und für besonders wichtige Projekte die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Anlehnung an die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit verkürzt werden. Grundsätzlich ist auch der BUND für eine Planungsbeschleunigung, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Bürger*innen frühzeitig und umfassend beteiligt, Alternativen ausreichend geprüft und Projekte klar am Bedarf einer Bundesnetzplanung priorisiert werden. Investitionen müssen sich auf Erhaltung, Erneuerung, Engpassbeseitigung und Netzkomplettierung konzentrieren.

Mit dem Blick auf den Dieselskandal und die Belastung der Menschen durch Stickoxide und Feinstaub verspricht die Union zwar, die Gesundheit und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger umfassend zu schützen. Mit den vorgeschlagenen Instrumenten ist das Ziel, die europäischen Normen bis 2020 einzuhalten, jedoch nicht zu erreichen. Denn Fahrverbote für bestimmte Fahrzeugtypen lehnen CDU und CSU generell ab und auch der Diesel wird weiterhin als wichtige Option zum Klimaschutz gesehen. Die individuellen Reduktionspläne für jede der betroffenen Städte, die die Union zur Lösung der Luftbelastung einführen will, gibt es längst. Sie heißen Luftreinhaltepläne und sind leider in fast allen Fällen unzureichend. Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen lehnt die Union ab.

Die Luftfahrt als einer der Verkehrsträger, der noch immer Zuwächse bei den CO2-Emissionen hat, wird nur kurz erwähnt. Kein Wort beispielweise von einem Luftverkehrskonzept, das Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagert. Auch bei den Häfen setzt die Union offenbar nicht auf Kooperation zwischen den Häfen sondern auf Modernisierung und Digitalisierung, damit diese "leistungsstarke Drehscheiben im globalen Wettbewerb bleiben." Feinstaub- und Stickoxidemission bei See- und Binnenschifffahrt bleiben außen vor. Es fehlt zudem ein klares Bekenntnis zur Wasserrahmenrichtlinie und gegen den unwirtschaftlichen Ausbau und die unwirtschaftliche Unterhaltung von Wasserstraßen.

SPD

Klimaschutz

Die SPD bekennt sich zum Pariser Klimaschutzabkommen und dem Ziel, bis 2050 weitgehende Treibhausgasneutralität zu erreichen. Sie bekräftigt auch das nationale Klimaziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Die Sozialdemokraten bleiben aber die notwendigen konsequenten Schlüsse schuldig.

Ohne sich auch zu einer Anhebung der deutschen Klimaziele zu bekennen, ist z.B. der Wille der SPD, den schwachen Klimaschutzplan 2050 vom Dezember 2016 im Einklang mit den Pariser Zielen weiterzuentwickeln und ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden, nur ein leeres Versprechen.

Erneuerbare Energien

Und ohne konkrete Maßnahmen und Zielanhebungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, wird auch das klare Bekenntnis zur Energiewende und zum weiteren Ausbau von Wind- und Sonnenenergie als Teil einer gerechten Gesellschaft keine Kraft entwickeln.

Positiv bewertet der BUND das Bekenntnis zur Bürgerenergie. Die SPD will Mieterstrom-Modelle bei Genossenschaften weiterhin unterstützen. Allerdings ist dies nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen Spektrum der Bürgerenergie. Das Regierungsprogramm gibt jedenfalls keinen Hinweis auf eine SPD-Politik zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren und zur Stärkung der Bürgerbeteiligung.

Kohle

Ein besonders krasses Missverhältnis zwischen Klimaschutz-Bekenntnis und realer SPD-Politik besteht beim Thema Kohle. Im Wahlprogramm wird der notwendige Ausstieg aus der Kohleverstromung und -förderung nur sehr indirekt über die Beschreibung des Strukturwandels in den Kohlerevieren berührt. Hier wünscht sich der BUND klare Worte, denn die Klimaziele 2020 werden nicht erreicht, wenn der Kohleausstieg nicht eingeleitet wird.

Ein zügiger Netzausbau wird leider ebenso als alternativlos beschrieben, wie die zunehmende Bedeutung von Gas. Aus Sicht des BUND hingegen könnte eine dezentralere Stromerzeugung und umweltgerechtere Planung die Netzbedarfe durchaus relativieren, das heißt verringern. Fossiles Gas kann aus Klimaschutzerwägungen nur als Übergangstechnologie eine Rolle spielen. Positiv ist zu sehen, dass die SPD immerhin einer Rekommunalisierung der Netze offen gegenüber steht.

Ungenügend ist jedoch, dass sie die umweltschädlichen Subventionen überprüfen, nicht jedoch abschaffen will und keine Notwendigkeit sieht, die staatliche Subventionierung klimaschädlicher Energieträger zu beenden.

Fracking

Ein Verbot für Fracking sieht die Partei mit den gegenwärtigen rechtlichen Regelungen als notwendig, aber bereits vollzogen an. Eine Verschärfung der Fracking-Gesetzgebung, wie sie der BUND fordert, wird es voraussichtlich mit der SPD nicht geben.

Atomausstieg

Am Atomausstieg halten die Sozialdemokraten fest. Und sie gehen noch weiter mit dem Versprechen, sich auch in den europäischen Nachbarländern für einen Atomausstieg einzusetzen sowie keine Hermes-Bürgschaften mehr für Atomkraft zuzulassen. Zwar will sich die SPD weiter bei der Suche nach einem endgültigen Atommülllager engagieren, doch zur aktuellen mangelnden Sicherheit der Zwischenlager sagt sie nichts.

Energieeffizienz

Um Deutschland zur energieeffizientesten Volkswirtschaft zu machen, will die SPD den öffentlichen Nahverkehr und den öffentlichen Gebäudebestand zu Vorbildern der Nachhaltigkeit und Effizienz umgestalten und die Energieeffizienzstandards von Produkten und Dienstleistungen weiter verbessern. Es ist enttäuschend, dass das Regierungsprogramm konkrete Vorschläge für dieses Ziel schuldig bleibt, obschon die SPD derzeit das Wirtschaftsministerium führt, in dem die Weichen für die zukünftige Energiesparpolitik gestellt werden können und bereits konkrete Maßnahmen angeschoben und diskutiert wurden.

Mobilität

Positiv ist das Bekenntnis zur Verkehrswende. Bis 2050 soll "Mobilität in Deutschland digital, schadstofffrei, barrierefrei und sicher" sein. Ein "Bündnis für bezahlbare und nachhaltige Mobilität" soll dafür "einen verlässlichen Zeitplan erarbeiten" – hier bleibt die Verantwortlichkeit unklar. Das Klimaschutzziel von minus 40 Prozent bis 2020 wird immerhin bekräftigt, konkrete Ziele zu Klimaschutz oder Dekarbonisierung im Verkehr werden nicht genannt.

Bekenntnisse zum öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) ("noch attraktiver" machen), zu "neue[n] Mobilitätskonzepte[n] wie Carsharing" (sollen "weiter gefördert" werden), und zu Elektroautos ("modernste Elektroautos entwickelt und produziert") werden nicht mit Maßnahmen hinterlegt, das Regierungsprogramm bleibt hier sehr unkonkret.

Positiv ist das Bekenntnis zum Schienenausbau und zur Verdoppelung der Bahnkund*innen bis 2030 durch einen "Schienenpakt". Allerdings fehlt sowohl für den Personen- als auch den Güterverkehr auf der Schiene ein Umsetzungsplan.

Beim Thema Infrastruktur regieren Verzagtheit und Orientierungslosigkeit: "Wir wollen, dass Pendlerinnen und Pendler nicht im Stau stehen." Die SPD denkt, das geht durch den Ausbau der Straßen. Von moderner integrierter Verkehrsplanung für alle Verkehrsträger und von integrierter Siedlungs- und Verkehrsplanung ist jedoch im Regierungsprogramm keine Rede. Die Weiterentwicklung der Lkw-Maut durch Anlastung der CO2-Kosten und eine streckenabhängige Pkw-Maut, wie sie die EU-Kommission im „mobility package“ vom 31.5.2017 vorschlägt, um Staus wirksam zu vermeiden, lehnt die SPD offenbar ab.

Zwar will die SPD die "Menschen spürbar vor Lärm, Schadstoffen und Umweltgiften schützen", doch im Wahlprogramm wird diese Aussage nicht mit Maßnahmen hinterlegt. Für notwendige Maßnahmen im Rahmen des Diesel-Abgasskandals hat die SPD einen 5 Punkte-Plan mit zielführenden Maßnahmen, wie realistischeren Prüfverfahren und einer verbesserten Kontrolle, nachgelegt. Aber in anderen Sektoren, wie beispielsweise beim Fluglärm fehlen weiterhin konkrete Maßnahmen und Ziele.

Bündnis 90/Die Grünen

Klima

Das Umweltkapitel beginnt mit einem klaren Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen als "Meilenstein für die Rettung unseres Planeten". Die Klimaziele wollen sie entsprechend erhöhen (national und europäisch) und dafür ein Klimaschutzgesetz verabschieden. Wie der BUND wollen die Grünen bis 2030 aus der Kohle aussteigen und versuchen, das deutsche 2020-Ziel noch zu erreichen. Dazu wollen sie die 20 schmutzigsten Kraftwerke sofort abschalten, erwähnen aber nicht, dass auch bereits bestehende Tagebauplanungen verkleinert werden müssen. Außerdem wollen sie eine CO2-Bepreisung außerhalb des Emissionshandels und einen Mindestpreis im Emissionshandel, vergessen aber zu sagen, dass es dafür (neben Löschung überschüssiger Zertifikate und Mindestpreis) vor allem auch einer deutlich stärkeren Emissionsminderung durch das Instrument bedarf. Und auch für den Kohleausstieg braucht es ein anderes Instrument als den CO2-Preis. Insgesamt entsprechen die Forderungen der Grünen im Bereich Klimaschutz allerdings weitgehend denen des BUND.

Erneuerbare Energien

Zum Thema Erneuerbarer Energien machen die Grünen viele, aus Sicht des BUND, gute und detaillierte Vorschläge. Dazu zählen vor allem die Abschaffung des Ausbaudeckels des EEG, den Erhalt der Bürgerenergie und eine Novellierung des Strommarktdesigns, sowie die des komplizierten Abgabensystems auf Energie zugunsten der erneuerbaren Energien und der Speichernutzung. Bis 2030 soll der Strom komplett aus Erneuerbaren Energien erzeugt werden, bis 2050 auch die Energieversorgung insgesamt. Leider wird nicht erwähnt, wie das EEG weiterentwickelt werden soll, offenbar wollen sie aber an den vom BUND abgelehnten Ausschreibungen festhalten, anstatt zu den festen Vergütungen zurückzukehren. Leider äußern sich die Grünen mit keinem Wort zur Naturverträglichkeit des Ausbaus Erneuerbarer Energien und sprechen sich zudem für einen weiteren Ausbau der Wasserkraft aus, was der BUND ablehnt.

Energieeffizienz

Mit dem Kapitel "Effizienzrevolution" widmen die Grünen dem wichtigen Thema Energiesparen ein eigenes Kapitel und verdeutlichen damit dessen zentrale Rolle für eine erfolgreiche Energiewende. Positiv ist insbesondere, dass die Grünen, wie auch der BUND, ein Energiespargesetz mit rechtlich verankerten Zielen fordern, denn für das Gelingen einer naturverträglichen Energiewende sind auch absolute Energieeinsparungen notwendig. Gut ist zudem, dass EEG-Ausnahmeregelungen für die Industrie an den Nachweis von Effizienzfortschritten geknüpft werden, denn bisher wird hier Energieverschwendung auch noch belohnt.

Für eine echte "Revolution" wären jedoch auch weitere übergeordnete Veränderungen notwendig, wie die zentrale Steuerung von Maßnahmen in Einklang mit den Einsparzielen. Mit dem Programm "Faire Wärme" liefern die Grünen konkrete Vorschläge, um energetische Modernisierungen sozialverträglich zu gestalten. Bislang werden bezahlbares Wohnen und energetische Sanierung häufig gegeneinander ausgespielt. Erfreulich ist, dass die Grünen auch konkret auf die Stärkung des EU-Top-Runner-Ansatzes in Bezug auf Energie- als auch Ressourceneffizienz eingehen; nationale Maßnahmen zur Stärkung umweltfreundlicher Produkte wie die Marktüberwachung dürfen dabei jedoch nicht vernachlässigt werden.

Mobilität

Zum Thema Verkehr enthält das Programm der Grünen im Grunde alle wesentlichen Maßnahmen, die auch der BUND für eine nachhaltige Mobilität fordert, wie Subventionsabbau, E-Mobilität, Erhöhung der ÖPNV-Investitionsförderung auf eine Milliarde Euro pro Jahr (allerdings ohne eine vorherige Reform der Förderkriterien), Förderung des Radverkehrs, Reform der Infrastrukturplanung, Lärmminderung, Verlagerung von Verkehr auf die Schiene (leider mit Fokus auf den Personenverkehr) und Abgasgrenzwerte, die auf der Straße auch eingehalten werden. Es fehlen allerdings klare Aussagen zu der Frage, wie die Klimaziele im Verkehr erreicht werden können, denn die Fokussierung auf die technologische Lösung "E-Mobilität" reicht nicht aus. Aber zumindest stellen die Grünen fest, dass nachhaltige Mobilität mit einer Reduzierung der Pkw-Zahl einhergehen muss.

Die Grünen fordern weiter eine Reform der Kfz-Steuer, ohne aber konkret zu sagen wie sie sich das vorstellen. Aus Sicht des BUND (und der EU-Kommission) sollte sie durch eine streckenbezogene Pkw-Maut ersetzt werden. Positiv ist, dass der Wirkungsbereich der LKW-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen und alle Bundes- und Landstraßen erweitert werden soll, wünschenswert wäre aber hier Klimakosten direkt einzubeziehen. Dass Flugverkehr nicht länger von der Kerosinsteuer befreit werden soll, ist prinzipiell zu unterstützen. Da sich aber gezeigt hat, dass die Umsetzung sehr schwierig ist, spricht sich der BUND stattdessen für die Einführung einer globalen Klimaabgabe aus.

Atomausstieg

Im Bereich Atompolitik fordern die Grünen wie der BUND die Wiedereinführung der Brennelementesteuer, die Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau sowie der Brennelementefabrik in Lingen, ein Ende der Atomforschung und eine Reform des EURATOM-Vertrags. Gut ist zudem, dass sie wie der BUND eine breite Zwischenlager-Debatte fordern. Es fehlt allerdings ein klares Bekenntnis zur Beschleunigung des Atomausstiegs, auch wenn es Ansätze dazu gibt. Dazu gehört vor allem die Forderung, das AKW Grundremmingen wegen Sicherheitsmängel unverzüglich stillzulegen.

Die Forderung zum Ausschluss der Strommengenübertragung auf die AKW Brokdorf und Unterweser, könnte ein Türöffner für eine echte Beschleunigung sein. Beim Thema Rückbau sind die Grünen staatstragend, ein Ende der Freigabe schwachradioaktiven Materials wird nicht gefordert. Grundsätzlich fehlt auch die Forderung den Atomausstieg ins Grundgesetz zu schreiben.

Die Linke

Klima

"Wir müssen uns entscheiden, was wir retten wollen: Kapitalismus oder Klima." DIE LINKE bekennt sich zu den Pariser Klimazielen. Die deutschen Reduktionsziele sollen, wie auch vom BUND gefordert, in einem Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung soll den Paris-Zielen entsprechend verschärft und mit wirksamen Maßnahmen untersetzt werden.

Kohle

Auch den Kohleausstieg wollen die LINKEN in einem Gesetz festschreiben. Er soll 2018 beginnen und "spätestens 2035 muss der letzte Kohlemeiler vom Netz gehen". Damit will sich DIE LINKE fünf Jahre länger Zeit lassen als vom BUND gefordert. Bestandteile des Gesetzes sollen ein Verbot für den Neubau von Kohlekraftwerken sowie für den Neuaufschluss und die Erweiterung von Braunkohletagebauen sein. Die Folgen des Strukturwandels in den betroffenen Regionen soll durch einen Fonds mit 250 Mio. Euro jährlich abgefangen werden. Neben dem Fracking soll auch die unterirdische Verpressung von CO2 (CCS) dauerhaft und ausnahmslos verboten werden.

Erneuerbare Energien

Der verstärkte Ausbau der Erneuerbaren Energien geht für die LINKEN Hand in Hand mit der Entmachtung der Energiekonzerne. Die in der letzten Reform erfolgte Umstellung des EEG auf Ausschreibungen wird abgelehnt. Die Partei setzt sich daher für eine strukturelle Reform des EEG mit sozialen Komponenten ein, mit der der Ökostromanteil bis 2040 auf 100 Prozent erhöht werden soll. Sie unterstützt eine regional ausgerichtete und in der Bevölkerung verankerte Energiewende. Sowohl beim Kauf von Netzen als auch bei der Beteiligung an und dem eigenen Bau von EE-Anlagen sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Bürger*innen, Betriebe und Kommunen verbessert werden. Zur Finanzierung "der notwendigen Milliardeninvestitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien" sollen ungerechtfertigte Industrierabatte im Energiebereich und beim Emissionshandel entfallen.

Energieffizienz

Insgesamt liest sich das Programm zum Thema Energiesparen wie ein bunter Strauß an Einzelmaßnahmen, der unter der Überschrift "In erneuerbare Energien ausbauen, Energiekonzerne entmachten" schwierig einzuordnen ist und eine Gesamtstrategie vermissen lässt. Doch stimmen viele der Forderungen mit denen des BUND überein. So legt DIE LINKE, wie nicht anders zu erwarten, beim Thema energetische Sanierung hohen Wert auf eine sozialverträgliche Ausgestaltung, die warmmietenneutral für die Mieter*innen ist. Mit einem verbindlichen Sanierungsfahrplan und der deutlichen Erhöhung der entsprechenden Förderprogramme soll die Sanierungsrate im Altbaubestand von 1,1 auf 2 Prozent im Jahr verdoppelt werden. Positiv ist außerdem, dass sich DIE LINKE für die dauerhafte Bereitstellung von Fördermitteln, einen Effizienzfonds und eine verbindliche Sanierungsstrategie ausspricht und betont, dass die Energieeffizienzpolitik neben Fördermitteln auch Gesetze und Verordnungen benötigt, "die Mindeststandards für den Energieverbrauch von Produkten, Produktionsweisen und Gebäuden (auch im Bestand) vorgeben". Weitere Konkretisierungen fehlen hier jedoch.

Atomausstieg

Beim Atomausstieg vertritt DIE LINKE die gleichen Positionen wie der BUND: Der Atomausstieg soll im Grundgesetz festgeschrieben und alle in Betrieb befindlichen AKW unverzüglich abgeschaltet werden. Zudem soll ein gesamteuropäischer Plan zur Stilllegung aller AKW erarbeitet und der Im- und Export von Uranbrennstoffen und Atommüll verboten werden. "Die Kosten für die Stilllegung und den Rückbau von Atomanlagen müssen die Atomkonzerne tragen." Da die langwierige Suche nach einem Endlager eine längere Zwischenlagerung erforderlich machen wird, sollen die Sicherheitskonzepte für die Zwischenlagerung verbessert werden.

Mobilität

Auch beim Thema Verkehr gibt es viele Überschneidungen zwischen den Forderungen des BUND und dem linken Wahlprogramm. So sollen die staatlichen Subventionen für Dieseltreibstoff, Flugbenzin und Biokraftstoff abgeschafft werden. Die Folgekosten der Dieselaffäre sollen gemäß dem Verursacherprinzip den Herstellern in Rechnung gestellt werden. Den Bundesverkehrswegeplan 2030 lehnt DIE LINKE ebenso wie der BUND in seiner jetzigen Form ab. Stattdessen will sie einen Verkehrswegeplan, "mit dem die sozial-ökologische Mobilitätswende vollzogen wird und bei dem der schienengebundene Personen- und Güterverkehr im Mittelpunkt steht". Statt neuer Autobahnen soll der Ausbau des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs in den Kommunen und Regionen finanziert werden. Die Bürgerbeteiligung bei der Planung von Verkehrsprojekten soll durch die Einführung von Bürgerräten verbessert werden. Auf gut zwei Seiten des Wahlprogramms widmet sich DIE LINKE unter dem Titel "Mobilität für alle – mit weniger Verkehr" der Verlagerung des Verkehrs weg von der Straße.

Bezüglich der PKW-Maut und globaler Klimaabgabe auf Flug- und Schiffsverkehr unterscheiden sich die Vorstellungen von BUND und DIE LINKE. So wird die PKW-Maut von den LINKEN generell abgelehnt, weil sie den gläsernen Bürger schaffe und Voraussetzung für Privatisierung sei. Statt einer Klimaabgabe plant DIE LINKE die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flugtickets aufzuheben und stattdessen den Mehrwertsteuersatz für Bahntickets zu halbieren.

FDP

Klimapolitik

Die FDP ist die einzige Partei im demokratischen Spektrum, die einer staatlich gelenkten Energiewende und staatlichen Vorgaben für das Erreichen verbindlicher Ziele im Klimaschutz eine weitgehende Absage erteilt. Unter dem Stichwort der Marktwirtschaftlichkeit will sie nationale klimapolitische Zielsetzungen und zentrale Instrumente abschaffen: Die schon unter FDP-Regierungsbeteiligung beschlossenen deutschen Klimaziele, den Klimaschutzplan 2050 mit seinen Sektorzielen und die Förderung für Erneuerbare Energien sollen gestoppt werden. Auch der aktuell für Energiepolitik im Bundesvorstand zuständige Hermann-Otto Solms erteilt in Veranstaltungen nationaler Klimapolitik eine vollumfängliche Absage.

Die FDP will Klima- und Energiepolitik vor allem EU-weit und am besten international regeln. Internationale Klimapolitik ist wichtig, sie kann aber nicht die konkreten Maßnahmen vor Ort ersetzen. Genau diese will die FDP aber nicht. Das wäre der Garant für klimapolitischen Stillstand, beziehungsweise ein Rollback bei einer Angleichung der Standards nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners. Die FDP setzt klimapolitisch einseitig auf den europäischen Emissionshandel, den sie auf andere Sektoren und perspektivisch international ausweiten will. Dass dieses Instrument bislang fast nicht zur Emissionsminderung beigetragen hat und deswegen eine Reform des Systems verhandelt wird, findet sich nicht im Wahlprogramm. Die FDP spricht sich hingegen explizit gegen staatliche Eingriffe in den Emissionshandel aus. Aus Sicht des BUND braucht es zudem dringend weitere Klimaschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel eine CO2-Steuer und ein Kohleausstiegsgesetz.

Erneuerbare Energien

Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien will die FDP auf Technologieneutralität setzen und die Förderung über das EEG abschaffen. Aus Sicht des BUND würde ohne Stärkung des Ausbaus durch das EEG zurzeit in Deutschland der Ausbau der Erneuerbaren gestoppt und die ca. 360.000 Arbeitsplätze im Bereich Erneuerbare Energien gefährdet.

Die FDP befürwortet Offshore-Windenergie und andere Energieerzeugung auf dem Meer. Bei der Windkraft an Land verweist die FDP auf angeblich mangelnde Akzeptanz. Umfragen belegen das genaue Gegenteil. Dennoch will die FDP deswegen pauschale Abstandsregelungen zu den Anlagen nach Vorbild Bayerns (10-Mal die Anlagenhöhe) einführen, der BUND lehnt diese überzogene Forderung ab. Als Blaupause der zukünftigen Ausrichtung der FDP kann der Koalitionsvertrag aus NRW gelten. Dieser sorgt durch seine Abstandsregelungen künftig für ein Ende des Ausbaus der Windenergie. Der Bundesvorsitzende, Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzende in NRW, Christian Linder, verteidigt diese Positionen auch öffentlich offensiv.

Die FDP setzt sich für die Absicherung der Energieversorgung auf einem technologieneutralen Kapazitätsmarkt ein, den sie einen "offenen Leistungsmarkt" nennt. Ein solcher Markt würde vor allem dazu führen, insbesondere Kohlekraftwerke weiter laufen und Mehrkosten für die Verbraucher*innen entstehen zu lassen. Die zentralen Fragen der Effizienz und Energieeinsparung werden durch die FDP nicht behandelt. Die FDP ist zudem die einzige Partei im Bundestagswahlkampf, die in ihrem Wahlprogramm die zukünftige Atompolitik mit keinem Wort erwähnt. Es fehlen klare Bekenntnisse zum Atomausstieg bis 2022, zur Atommülllagersuche oder zum Lösen der Sicherheitsprobleme der Zwischenlager.

Mobilität

In der Verkehrspolitik setzt die FDP auf die Instandsetzung und den Ausbau des bestehenden Straßennetzes und die Optimierung der Planung mit dem Ziel der Planungsbeschleunigung. Es wird dabei vorausgesetzt, dass mit forciertem Straßenausbau alleine das Stauproblem auf den Straßen gelöst werden kann. Von Bahnausbau ist zudem keine Rede. Die FDP setzt neben Straßeninfrastrukturausbau auf technische Lösungen und sieht große Chancen in der Digitalisierung und im vollautomatisierten und autonomen Fahren, ohne hier näher ins Detail zu gehen.

Interessant ist die Idee, einen Sanierungsfonds für die Länder und Kommunen einzurichten. Übersehen wird, dass es mit derzeit 14 Milliarden Euro pro Jahr bereits Rekordinvestitionen gibt. Die nach der marktorientierten Logik der FDP sinnvolle Nutzer*innenfinanzierung von Investitionen wird zudem ignoriert. Klima- und Gesundheitsschutz sowie Nutzer*innenfinanzierung kommen im Verkehrsteil nicht vor: Die Pkw-Maut wird abgelehnt, Bahnausbau und integrierte Verkehrsplanung für alle Verkehrsträger spielen keine Rolle. Die FDP befürwortet Gigaliner und ist gegen ein generelles Tempolimit.

Bei der Bahn soll die Netzsparte abgetrennt werden (Trennung von Netz und Betrieb). Das Schienennetz soll in staatlichem Besitz behalten werden, mit dem Betrieb soll die Bahn an die Börse gehen. Gewinne der Infrastruktur- und Netzgesellschaften sollen der Reinvestition dienen und nicht dem Ausgleich des Bundeshaushaltes.

In der Schifffahrt soll aus Sicht der FDP die Digitalisierung genutzt werden, um eine effiziente Schifffahrt zu planen (statt weiterer unnötiger Ausbauvorhaben). Sie unterstützt auch die wechselseitige Verzahnung der Verkehrsträger, eine langjährige BUND-Forderung. Was fehlt, ist ein klares Bekenntnis zur Wasserrahmenrichtlinie und gegen den unwirtschaftlichen Ausbau und die unwirtschaftliche Unterhaltung von Wasserstraßen.

Die FDP will dort wo es wirtschaftlich ist die Nutzung Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) bei Verkehrsprojekten. Da die meisten ÖPP-Projekte sich nicht als wirtschaftlichste Alternative darstellen, lehnt der BUND dies ab und sieht öffentliche Infrastruktur als öffentliche Aufgabe an. Auch die bessere Wahrung von Bürger*innenrechten durch eine effektive Bürger*innenbeteiligung wird durch die FDP nicht gestärkt, stattdessen wird mehr Transparenz bei der Verbandsklage gefordert. Der BUND unterstützt Transparenz in Planungsverfahren, sieht hier aber vor allem den Staat in der Pflicht, eine gute und ergebnisoffene Öffentlichkeitsbeteiligung mit Alternativenprüfung durchzuführen, die gerichtlich überprüfbar bleibt.

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